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Zwangsversteigerung und Verkehrswert: Immobilien zum Sonderpreis


Haus unterm Hammer
Zwangsversteigerung: Immobilien zum Sonderpreis – so gelingt's


Aktualisiert am 31.05.2024 - 10:30 UhrLesedauer: 5 Min.
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Für diesen Beitrag haben wir alle relevanten Fakten sorgfältig recherchiert. Eine Beeinflussung durch Dritte findet nicht statt.

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Haus zu verkaufen: Eine Zwangsversteigerung bietet die Gelegenheit, eine Immobilie günstig zu erwerben. Doch Vorsicht vor zu schnellen Geboten.Vergrößern des Bildes
Haus zu verkaufen: Eine Zwangsversteigerung bietet die Gelegenheit, eine Immobilie günstig zu erwerben. Doch Vorsicht vor zu schnellen Geboten. (Quelle: Markus Scholz/dpa)

Immobilien, die zur Zwangsversteigerung stehen, können echte Schnäppchen sein. Wer zuschlagen will, sollte aber einige Fallstricke kennen.

Eine Zwangsversteigerung kann viele Gründe haben: eine finanzielle Notlage, eine gescheiterte Ehe oder Streitigkeiten unter Erben. In der Regel ist die Immobilie aber schuldenbelastet und ihr Verkauf geschieht unfreiwillig. Darum liegt der Preis häufig weit unter Marktwert (Verkehrswert). Bei einer Zwangsversteigerung zuzuschlagen, kann sich für Kaufinteressierte also lohnen.

Wer jedoch die Tücken nicht kennt, zahlt bei der Zwangsversteigerung entweder zu viel oder erwirbt eine Schrottimmobilie. Im Ratgeber erklären wir, worauf Sie achten müssen.

Zwangsversteigerung: Wo gibt es Termine und Infos?

Die Termine und Objekte von Zwangsversteigerungen werden vom jeweiligen Amtsgericht mit einem Vorlauf von sechs Wochen veröffentlicht. Die Rechtspfleger stellen die verfügbaren Informationen über die Objekte zusammen. Wer überregional nach Zwangsversteigerungen suchen möchte, kann sich auf der Internetseite zvg-portal.de über anstehende Zwangsversteigerungen in ganz Deutschland informieren.

In der Regel werden folgende Informationen veröffentlicht:

  • Lage des Grundstücks
  • Größe der Immobilie
  • Gerichtlich festgelegter Verkehrswert
  • Gegebenenfalls Außenaufnahmen

Falls bekannt zusätzlich unter anderem:

  • Belastungen im Grundbuch
  • Bestehende Mietverhältnisse

Die gesetzlichen Grundlagen

Eine Zwangsversteigerung darf nur angeordnet werden, wenn der Schuldner als Eigentümer der Immobilie im Grundbuch eingetragen ist oder Erbe eines eingetragenen Eigentümers ist. Die Regeln sind im "Gesetz über die Zwangsversteigerung und die Zwangsverwaltung" (ZVG) festgelegt.

Wie viel muss ich bieten?

Das Einstiegsgebot bei einer Zwangsversteigerung orientiert sich in der Regel am Verkehrswert der Immobilie (s. Infobox). Nicht selten liegen die Höchstgebote bei einer Zwangsversteigerung jedoch weit darunter. Es kommt durchaus vor, dass Gebote von 30 Prozent unter dem angesetzten Preis den Zuschlag bekommen.

Liegt das Höchstgebot allerdings unter 70 Prozent des ausgerufenen Verkehrswerts, müssen die Gläubiger dieses nicht akzeptieren. Sie können in diesem Fall eine neue Bieterrunde an einem anderen Termin veranlassen. Wer die Immobilie unbedingt will, sollte mindestens 70 Prozent des Verkehrswertes bieten.

Was ist der Verkehrswert?

Der Verkehrswert einer Immobilie ist der Preis, den die Immobilie zum fraglichen Zeitpunkt "im gewöhnlichen Geschäftsverkehr" erzielen würde. Gesetzliche Grundlage ist die Immobilienwertermittlungsverordnung (ImmoWertV). Um ihn zu ermitteln, kommen oft öffentlich bestellte Sachverständige zum Zuge

Welche Risiken birgt die Zwangsversteigerung?

Die Größe, Lage und Verkehrswertermittlung gehören zu den Mindestangaben, die vor einer Zwangsversteigerung veröffentlicht werden – also bekannt sind. Viele weitere Informationen müssen sich die Interessenten selber besorgen. Und das ist nicht einfach. Denn: Kaufinteressenten haben keinen Rechtsanspruch darauf, die Immobilie auch besichtigen zu dürfen. Verborgene Schäden können so nach dem Erwerb der Immobilie zu hohen Folgekosten führen.

Erlaubt der Besitzer keine Innenbesichtigung, sollten Interessierte dennoch so viele Details zur Immobilie wie möglich recherchieren. So können wertvolle Informationen zum Zustand der Immobilie und den Gegebenheiten vor Ort zusammengetragen werden.

Checkliste Zwangsversteigerung

Bevor die Zwangsversteigerung stattfindet, sollten Kaufinteressierte Folgendes tun:

  • ein gerichtliches Gutachten über die Immobilie einholen
  • die Immobilie von außen besichtigen
  • die Immobilie möglichst von innen besichtigen
  • den Grundbuchauszug einsehen
  • mit den Nachbarn sprechen
  • mit der Bank der Gläubiger sprechen

Zur Auswertung der Informationen ist es ratsam, einen Architekten oder Bausachverständigen hinzuzuziehen. Zum Beispiel kann der Zustand von Fassaden, Dachflächen und Fenstern Rückschlüsse auf den Bestand im Inneren geben. Die Experten entdecken Schäden und Schwachstellen, die Laien häufig verborgen bleiben und können Sanierungskosten realistischer einschätzen.

Wichtig

Der Bietende hat von Rechts wegen keinen Anspruch darauf, das Objekt vor dem Versteigerungstermin zu besichtigen. Sowohl Gutachter als auch Schuldner können zumeist nicht für eventuelle Schäden haftbar gemacht werden.

Grundbuch einsehen: Darum ist es wichtig

Bevor Sie kaufen, sollten Sie prüfen, ob das Haus durch Kredite oder anderweitig belastet ist. Denn: Bleibt nach der Versteigerung eine Grundschuld oder Hypothek bestehen, muss der Meistbietende dafür aufkommen – zusätzlich zum Kaufpreis. Womöglich halten auch Dritte noch ein Wohnrecht an der Immobilie oder ein Wegerecht am Grundstück, die der neue Besitzer mit dem Kauf übernimmt. Mehr zum Wohnrecht lesen Sie hier.

Bei Eigentumswohnungen gibt es zusätzliche Dinge zu beachten – zum Beispiel, wenn sie Teil einer Wohneigentümergemeinschaft (WEG) sind. Inwieweit die Immobilie belastet ist oder besondere Pflichten bestehen, erfragt man am besten beim Rechtspfleger des Amtsgerichts. Wer "berechtigtes Interesse" nachweisen kann, hat das Recht, das Grundbuch einzusehen. Lesen Sie mehr dazu hier.

Finanzierung: Jedes Gebot ist bindend

Vor der Abgabe eines Gebots muss die Finanzierung auf sicheren Füßen stehen. Denn ein einmal abgegebenes Gebot kann in der Regel nicht zurückgenommen werden. Um überhaupt mitbieten zu dürfen, müssen die Bieter zudem eine Sicherheit von zehn Prozent des Verkehrswertes – zum Beispiel in Form einer Bankbürgschaft – bei der Gerichtskasse hinterlegen.

Bieter, die den Zuschlag erhalten, müssen innerhalb von vier bis acht Wochen den Preis, der bei der Versteigerung erzielt wurde, an die Gerichtskasse überweisen. Ausschlaggebend ist der Verteilungstermin des Ersteigerungsobjektes an den Neueigentümer. Aus diesem Grund ist es ratsam, bereits im Vorfeld eine Bankzusage über die gesamte Darlehenshöhe des geplanten Maximalgebotes einzuholen.

Nebenkosten nicht vergessen

Zusätzlich zur Höhe des Gebots müssen Sie die Nebenkosten in die Finanzierung einplanen. Zum einen muss der erfolgreiche Bieter die Gerichtskosten für die Erteilung des Zuschlags zahlen. Zum anderen kommen die auch sonst üblichen Nebenkosten bei einem Hauserwerb hinzu. Dazu zählen unter anderem die Kosten für den Grundbucheintrag und die Grunderwerbsteuer.

Notargebühren fallen bei einer Zwangsversteigerung nicht an, da das Amtsgericht die Formalitäten der Eigentumsübertragung übernimmt – entsprechende Kosten sind an die Gerichtskasse zu zahlen. Insgesamt können je nach Bundesland jedoch noch einmal rund zehn Prozent zum Kaufpreis hinzukommen.

Wie läuft eine Zwangsversteigerung ab?

Meist dauert eine Zwangsversteigerung einer Immobilie oder eines Grundstücks nicht länger als die Mindestzeit von einer halben Stunde. Festgelegte Bieterschritte gibt es nicht. Man kann also in "krummen Summen" bieten und Gebote beliebig erhöhen. Bewahren Sie jedoch die Ruhe, lassen Sie sich nicht von der Emotion wegreißen. Denn die Finanzierung muss gesichert sein: Gehen Sie mit Ihrem Gebot also nicht über das geplante Maximalgebot.

Bewegliche Sachen

Automobile, Handys, Musikgegenstände und vieles mehr werden vom Zoll, der Polizei oder vom Gerichtsvollzieher versteigert. In einigen Fällen bieten auch Behörden eigene Einrichtungs- oder Gebrauchsgegenstände an. Offizielle überregionale Auktionshäuser sind: zoll-auktion.de und justiz-auktion.de.

Nach dem Zuschlag gehen Rechte und Pflichten über

Das höchste Gebot erhält den Zuschlag. Der Meistbietende ist damit bereits Eigentümer der Immobilie – nicht erst mit dem Grundbucheintrag. Das bedeutet aber auch, dass damit alle Rechte und Pflichten an den neuen Eigentümer übergehen. So muss das Haus zum Beispiel neu versichert werden. Mit dem Zuschlag erhalten die neuen Besitzer zugleich einen sogenannten Räumungstitel, mit dem sie die sofortige Räumung beziehungsweise auch Zwangsräumung der Immobilie veranlassen können.

Dies geht allerdings nur, wenn der vorherige Eigentümer die Immobilie auch selber bewohnt. Ist das Haus vermietet, genießen die Bewohner Mieterschutz. Mit seinem Höchstgebot übernimmt der neue Eigentümer automatisch sämtliche Vermieterpflichten, die sich aus bestehenden Mietverträgen ableiten. Das Zwangsversteigerungsgesetz gewährt dem neuen Eigentümer aber ein Sonderkündigungsrecht (§ 57a ZVG) mit einer gesetzlichen Frist von drei Monaten zum nächstzulässigen Termin. Hier muss der Neueigentümer jedoch ein berechtigtes Interesse – zum Beispiel Eigenbedarf – bekunden.

Fazit

Bei einer Zwangsversteigerung können Sie möglicherweise ein echtes "Schnäppchen" schlagen. Denn Häuser oder Wohnungen gehen meist mit deutlichem Abschlag zum Marktwert unter den Hammer. Das erscheint angesichts der weiter teuren Immobilienpreise für viele verlockend. Sie sollten jedoch gut vorbereitet in die Versteigerung gehen und insbesondere den Grundbucheintrag checken.

Denn ist die Immobilie etwa mit einer Hyptothek belastet, gehen diese an Sie als neuen Eigentümer über. Zeigen Sie Details zur Immobilie einem Architekten: Er kann Rückschlüsse auf den Zustand der Immobilie (inbesondere deren innere Beschaffenheit) ziehen. Auch muss die Finanzierung der ersteigerten Immobilie stehen: Zahlen müssen Sie oft wenige Wochen nach Erwerb.

Verwendete Quellen
  • Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz
  • Bundesamt für Justiz
  • Verband Privater Bauherren (VPB)
  • Bauherren-Schutzbund (BSB)
  • Stiftung Warentest
  • Berliner Mieterverein
  • Nachrichtenagentur dpa
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